Selbstoptimierung – muss das sein?

Der Anspruch den wir an uns selbst stellen zwingt uns dazu, in unserem Alltag stehts Höchstleistungen von uns zu fordern. Unser Leben wird zu einem Abbild der Wirtschaft. Hier zählen Effizienz und Gewinnmaximierung. Einfach mal abhängen, Fehler machen oder Schmerzen haben? Unmöglich! Die Selbstoptimierungs wird zum Fluch und treibt viele in die totale Erschöpfung.

„Da kann man doch was machen“ – hast du auch schon diesen Satz gehört, wenn du einem Freund, einer Freundin mal dein Leid geklagt hast? Sofort hagelt es „gute Tipps“ dabei möchte man in den meisten Fällen nicht mit Ratschlägen überschüttet werden (die du womöglich selbst auch schon erfolglos ausprobiert hast), sondern nur etwas Mitgefühl.

Wir leben in Zeiten, da muss das Leben „perfekt“ sein. Wir sollen unser Leben im Griff haben, uns selbst optimieren und alles um uns herum am besten auch. Der perfekte Body, der perfekte Partner, der perfekte Job, das perfekte Kind. Wo bleibt da die Lebensfreude? Welchen riesigen Druck machen wir uns selbst mit diesem nicht zu erfüllenden Anspruch?

Meine Güte, wir sind doch Menschen und keine Roboter.

In einem Seelen-Seminar fragte eine Teilnehmerin die andere, was denn ihre Schwächen wären. Diese war nicht imstande die Frage zu beantworten. Vehement antwortete sie, dass sie  lösungsorientiert sei und nicht zurückschaue und mit dem Thema wolle sie sich nicht auseinandersetzen (ich glaube sie vermied es sogar das Wort “Schwäche” auszusprechen).
Das sieht für mich so aus, also ob man ein riesiges haariges Monster hinter sich stehen hätte und glaubt, weil man es ignoriert, ist es einfach nicht da. Dabei wird es nach meiner Erfahrung durch Nichtbeachtung sogar immer größer. Unsere kleinen Monster – die Schwächen oder Marotten – machen uns doch menschlich und liebenswert. Und ich glaube, wenn wir keine „Fehler“ mehr hätten, wäre wir doch garnicht mehr hier (sondern hätten Engelsflügel und wären weggeflogen :-)).

Mir fällt auf, dass gerade die selbstreflektierten Menschen am meisten mit sich hadern. Ich glaube was ihnen fehlt, ist der liebevolle Blick auf sich selbst und eine gelassene Haltung im Umgang mit den alltäglichen Herausforderungen des modernen Lebens. Diese Selbstkritik erzeugt enormen Druck. Ja, wir tun die Dinge des Alltags die getan werden müssen so gut wie es eben geht – und eben nicht Perfekt. Es geht nicht darum seinen Alltag effizient abzuarbeiten – so optimierst du dich nur an den Rand des Zusammenbruchs. Lassen wir doch ein bisschen Raum zwischen den einzelnen Aufgaben unseres Tagesprogramms: bewusst Atmen, den Tee genießen, ein kleines Gespräch führen, lachen, …

Nehmt euch kleine Kinder zum Vorbild: sie erlernen alles was sie brauchen durch spielerisches ausprobieren. Nehmen wir uns doch ein Beispiel an dieser Experimentier- und Lebensfreude. Schenkt kleinen Dingen eure Aufmerksamkeit, probiert etwas Neues aus, spielt, lacht, faulenzt – lasst die Seele baumeln. Meine Seele liebt es zum Beispiel, wenn ich für ein paar Tage im Jahr den Rückzug (Retreat – wie es heute auch heißt) aus dem gewohnten Trott antrete und mich in „mein“ Kloster zurückziehe. Hier tanke ich seit 10 Jahren immer wieder Kraft.

Wo könnt ihr auftanken, bei welcher Tätigkeit seit ihr ganz „beseelt“?  Und unter auftanken ist aber auch nicht immer das Nichtstun gemeint. Mancher geht gern stundenlang in die Natur, der andere wird kreativ; manchen tut es gut alleine zu sein und manche tanken in Gesellschaft auf – wunderbar, wenn du weißt, was bei dir gerade dran ist. Zum Glück gibt es kein Rezept – jeder darf die Zutaten zu seinem eigenen Wohlergehen selbst zusammenrühren.

Ich wünsche euch eine Zeit und vielleicht sehen wir uns auf einer meiner nächsten Seminare.
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Mein Buchtipp für dich:

“Du sollt nicht funktionieren – für eine neue Lebenskunst” von Ariadne Schirach zur Verlagswebseite